Jahresbericht 2022 und Ausblick 2023

Entwicklungen 2022

Geschäfts- und Finanzergebnis

Das Geschäftsjahr 2022 wurde massgeblich von der negativen Entwicklung an den Kapitalmärkten geprägt. Aus den Kapitalanlagen resultierte ein Verlust von CHF 101.9 Millionen. Dieser Verlust wird durch das erfreuliche Ergebnis aus der Versicherungstätigkeit teilweise kompensiert. Dieses lag dank einer leicht unterdurchschnittlichen Schadenlast bei CHF 23.0 Millionen. Als einzelnes Schadenereignis sticht der Brand einer Lagerhalle eines Logistikunternehmens im aargauischen Spreitenbach mit einer Schadensumme von CHF 17.3 Millionen heraus. Der Interkantonale Rückversicherungsverband (IRV) unterstützt die Gebäudeversicherung Aargau in diesem Schadenfall mit CHF 9.8 Millionen. Die Elementarschaden-Rückversicherung wurde in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft durch Hagelereignisse betroffen. Aus diesen beiden Kantonen übernimmt der IRV Schadenanteile in der Höhe von CHF 20.0 Millionen.

Obwohl der IRV – wegen seiner eigenen Rückversicherung bzw. der Interkantonalen Risikogemeinschaft (IRG) – finanziell nicht betroffen ist, bereitet die Erhöhung der Schäden aus dem Jahr 2021 Sorge. Bedingt durch «nachgemeldete» Schäden und insbesondere getrieben durch eine rasante Bauteuerung haben sich die Schäden des Vorjahres noch einmal vergrössert. In der solidarisch getragenen IRG geht diese Entwicklung zu Lasten aller 18 Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV).

Zusammenfassend erzielt der IRV einen versicherungstechnischen Gewinn von CHF 25.1 Millionen, welchem ein Verlust aus Kapitalanlagen in der Höhe von CHF 101.9 Millionen gegenübersteht. Nach Berücksichtigung der Kosten resultiert für den IRV gesamthaft ein Verlust von CHF 79.8 Millionen.

Bauteuerung

Innerhalb kürzester Zeit hat die Inflation in der Schweiz wesentlich zugelegt. Im Tätigkeitsbereich der Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) und des Interkantonalen Rückversicherungsverbands (IRV) muss spezifischer auf die Bauteuerung abgestützt werden. Direkt oder indirekt beziehen sich viele KGV bei ihren eigenen Indizes auf den Zürcher Index für Wohnbaupreise. Für diesen Leitindex wird von April 2021 bis April 2022 ein Anstieg um markante 6.7 % ausgewiesen. Vergleichbare Indizes des Bundesamts für Statistik (BfS) zeigen für den Zeitraum Oktober 2020 bis April 2022 eine Zunahme von 9 bis 10.5 %. Eine solche Entwicklung muss zwingend in den Beständen der KGV berücksichtigt werden. Der Versicherungswert eines versicherten Gebäudes soll auch zukünftig vollumfänglich die Wiederherstellungskosten decken. Konsequenterweise wird dies bei den KGV umgesetzt und die jeweils verwendeten Indizes per 1. Januar 2023 angepasst. Die aktualisierte Beurteilung des Bestandes führt zu einer Zunahme der Versicherungswerte bei den 18 KGV von 7 bis 12 % bzw. ca. CHF 183 Milliarden.

Die Bauteuerung wird somit zum zentralen Thema im Versicherungs- und Rückversicherungsumfeld des IRV. Sie beeinflusst sowohl die aktuellen Beurteilungen der potenziellen Wiederherstellungskosten als auch die effektiv anfallenden Kosten bei der Bewältigung bereits entstandener Schäden wie beispielsweise der Schäden von 2021. Gerade unter diesem Gesichtspunkt bleibt abzuwarten, wie sich die Bauteuerung weiterentwickelt. Mit Spannung ist die Entwicklung des Zürcher Index für Wohnbaupreise für den April 2023 zu erwarten. Es stellt sich die Frage, ob sich die Entwicklung in gleichem Masse fortsetzt oder ob die Zunahme abflacht.

Marktumfeld

Ein Teil des Leistungsangebots des Interkantonalen Rückversicherungsverbands (IRV) gegenüber den Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) besteht darin, dass der IRV als gemeinsamer Einkäufer von Rückversicherungsdeckung auftritt. Die KGV sind davon entbunden, sich eigenständig im internationalen Marktumfeld zu bewegen. Der IRV gewährt ihnen ein stabiles und planbares Umfeld. Seinerseits kann er die gebündelte Marktkraft im Sinne der KGV geltend machen. Der IRV gilt daher auch für internationale Rückversicherer als einer der wichtigsten schweizerischen Einkäufer von Rückversicherungen im internationalen Markt. Dieses internationale Marktumfeld zeigt sich im Jahr 2022 von einer sehr turbulenten Seite. Insbesondere die Sparte der Sachversicherung bzw. der Naturkatastrophen-Rückversicherung ist in einem Umbruch und grossen Schwankungen unterworfen. Nach nunmehr sechs Jahren in Folge mit Naturkatastrophenschäden von über USD 100 Milliarden wird das Geschäftsmodell der internationalen Rückversicherung von Naturkatastrophen grundsätzlich in Frage gestellt. Risikodiversifikation über geografische Verteilung, verschiedene Naturgefahren und die Zeit scheinen nicht mehr zu funktionieren. Zusammen mit anderen Faktoren wie Zinswende und steigenden Risiken (z. B. bedingt durch Bauteuerung und Inflation) wird der Druck der Kapitalmärkte für ein rentableres Marktumfeld zunehmend grösser. Trotz der starken Marktposition kann sich der IRV diesen Marktentwicklungen nicht entziehen oder widersetzen.

Erneuerung der Rückversicherung 2023

Bereits früh wurde absehbar, dass wichtige Rückversicherungspartner des Interkantonalen Rückversicherungsverbands (IRV) im jeweiligen Marktumfeld mit knapp kalkulierten Rückversicherungsprämien und mangelnder Rentabilität ihre Geschäftstätigkeit reduzieren oder sogar einstellen werden. Andere Rückversicherer fordern vehement eine überproportionale Anhebung des Preises in Anbetracht der schlechten Ergebnisse der letzten Jahre. Nachfrageseitig haben Einkäufer – so auch der IRV – nach den erlittenen Schäden und unter dem Eindruck der zunehmenden Risiken (z. B. bedingt durch die Bauteuerung) einen erhöhten Bedarf an Rückversicherungskapazitäten angekündigt.

Zusammen mit anderen Effekten, wie dem steigenden Zinsumfeld und der Stärke des Schweizer Frankens, führt dies zu grossen Schwierigkeiten, den passenden Rückversicherungsschutz für den IRV und die Gemeinschaft der Kantonalen Gebäudeversicherungen einzukaufen. Dies hat sich gezeigt, als Teile der Rückversicherung, insbesondere in der Sparte Erdbeben, nur mit grosser Mühe und erst nach erfolglosen Versuchen platziert werden konnten. Sicher scheint, dass die wesentlichen Treiber dieser Entwicklung auch im kommenden Jahr ihre Wirkung entfalten werden. Das Marktumfeld wird sich weiterhin als sehr schwierig zeigen.  

Ausblick 2023

Auswirkungen des schwierigen Marktumfelds auf die KGV

Es ist ein Teil des Leistungsangebots des Interkantonalen Rückversicherungsverbands (IRV) gegenüber den Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV), Entwicklungen des internationalen Rückversicherungsmarkts abzufedern. So können sich die KGV auf stabile Deckungsangebote für die Sparten Feuer und Elementar und auf eine mittelfristig stabile Tarifierung verlassen. Der IRV ist besorgt, die Auswirkungen des schwierigen Umfelds im internationalen Rückversicherungsmarkt nicht direkt an die KGV zu übertragen. Die KGV geniessen auch im Jahr 2023 einen umfassenden Rückversicherungsschutz zu gleichbleibend vorteilhaften Konditionen wie in den vergangenen Jahren (z. B. 15 % Prämienrabatt in der Elementarschaden-Rückversicherung). Das System mit dem IRV und der Interkantonalen Risikogemeinschaft hat sich bewährt. Es steht den KGV auch im Jahr 2023 zur Verfügung.

Anpassung IRG-Richtlinie

Unter dem Eindruck der Elementarschäden von 2021 und spezifischer Grossschadenszenarien und Modellierungen der Kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) hat der Verwaltungsrat des Interkantonalen Rückversicherungsverbands (IRV) beschlossen, eine Ausweitung der Kapazität der Interkantonalen Risikogemeinschaft (IRG) zu prüfen. Aufgrund erhöhter Gefahrenpotenzialen und in Anbetracht einer nachhaltig ausgerichteten Risikopolitik wird ein angemessener Ausbau der IRG diskutiert. Entsprechende Arbeiten werden 2023 weiter vorangetrieben, damit den Mitgliedern möglichst zeitnah entsprechende Lösungsvorschläge unterbreitet werden können.

Jahresbericht 2022 und Ausblick 2023